MaaS: Neues Denken ist gefragt

MaaS: Neues Denken ist gefragt

Klimaschutz ist toll und eigentlich würden wir alle liebend gerne aufs Autofahren verzichten, bei Sonnenschein nur ein paar Minuten zur Arbeit radeln und klimafreundlich mit der Bahn in den Urlaub fahren. Leider sieht die Realität anders aus: Radspuren enden schon mal im Nirvana, wenn sie nicht gerade zugeparkt sind, und die Bahn hält eher selten dort, wo wir die Ferien verbringen wollen. Und wer auf dem Land wohnt, hat oft keine Chance, sich mit Öffis fortzubewegen.

So wird es auch mit der sogenannten Verkehrswende eher schwerfallen, die Emissionsziele der Bundesregierung zu erreichen. Bis 2035, so die Vorgabe, sollen die Treibhausgasemissionen in Deutschland gegenüber 1990 um 55 Prozent sinken. Bis 2045 will Deutschland klimaneutral werden.

Viele Bereiche der Wirtschaft sind zwar schon auf einem guten Weg, doch laut dem Umweltbundesamt hat sich der Verkehrssektor bisher kaum gebessert. Im Gegenteil: Laut dem Umweltbundesamt stiegt der Anteil des Verkehrs an den Gesamtemissionen zwischen 1990 bis 2021 von 13 auf 19,4 Prozent. Der Verkehr ist sogar für rund die Hälfte der Partikelemissionen in Deutschland verantwortlich – prozentual steht er also nicht besser da als 1995.

Was aber können wir tun, um die Verkehrswende voranzutreiben? Vielleicht ein wenig mehr über unsere eigene Mobilität nachdenken. Muss ich wirklich mit dem Auto zu Bäcker fahren, oder geht’s nicht auch zu Fuß? Das Auto stehen zu lassen, auf alternative Fortbewegungsmittel umsteigen, öfters ein Sharing-Auto oder Mietbike zu nutzen, all das hilft.

Doch die Verkehrswende, die heute nach dem Konzept „Mobility-as-a-Service“ (MaaS) nutzerorientiert verstanden und unter Einsatz digitaler Technologien und Plattformen betrieben wird, findet aktuell vorwiegend in Städten und Ballungsgebieten statt. In Berlin, Köln, Hamburg finden sich an jeder Ecke Mieträder, E-Scooter, Leihroller. Ridesharing-Dienste cruisen durch die Stadt, und per App lassen sich Mitfahrer finden, die das gleiche Ziel haben. Viele Menschen nutzen das 49- Euro-Tickets nicht nur, um zur Arbeit zu pendeln, sondern auch in ihrer Freizeit.

Auf dem Land sieht es dagegen mau aus mit dem MaaS-Angeboten. In kleinen Städten und dörflichen Regionen nutzten 2017 laut der Mobilitätsstudie des Bundesverkehrsministeriums 66 Prozent der Bewohner aktiv das Auto. Eine aktuelle Umfrage des BMDV ist in Arbeit, doch voraussichtlich wird sich auch 2023 wenig daran ändern. Mobilitätsangebote beschränken sich häufig auf eine „Mitfahrer“-Bank am Straßenrand. Busse? Morgens und abends vielleicht. Carsharing? Die Ausnahme.

Jetzt hat sich das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit dem Thema befasst. „Eine Initiative im ländlichen Raum erscheint nicht nur geboten, es könnten auch deutlich größere Effekte zugunsten des Klimas erzielt werden als in der Stadt“, heißt es in einer aktuellen Studie über die Möglichkeiten neuer Mobilität und Mobilitätshubs im ländlichen Raum. In Nordhessen untersucht sie das Potenzial von MaaS-Konzepten für den öffentlichen Verkehr und vor allem damit, wie Haltestellen beziehungsweise multimodale Haltestellen attraktiv gestaltet werden.

Ein Ergebnis: Die Kommunen müssen wegkommen vom starren Fahrplandenken und mehr auf On-Demand-Dienste setzen. Das Ganze gekoppelt mit individuell nutzbaren Sharingangeboten. Und die Haltestellen beziehungsweise Hubs? Sie müssen attraktiver werden, sodass man sich dort gerne aufhält. Am besten gekoppelt mit Paketstationen, damit auch gleich ein Teil der Logistikverkehre entfällt. Und natürlich müssten sich die Angebote in möglichst einer App gesammelt buchen lassen.

Irgendwie kennt man das alles. Neue Mobilität ist nicht immer attraktiv, wie man als Fahrer eines E-Autos an den Ladesäulen vieler Autobahn-Raststätten sieht. Auch im Jahre 10 plus der E-Mobilität wird man dort noch häufig in der finsteren Ecke zwischen den Lkw-Parkplätzen im Regen stehen gelassen.

Wollen wir mehr für den Klimaschutz erreichen, musss sich noch vieles tun in Sachen Mobilität. Nicht nur bei den Nutzern, auch bei den Anbietern neuer Mobilität. Wie’s gehen könnte, zeigt die Kleinstadt Borgholzhofen in NRW. Dort können die Menschen mit ihren ÖPNV-Ticket kostenlos auf Carsharing-Fahrzeuge umsteigen.